gaudes, ergo sum - du freust dich, also bin ich!

 

`Ich denke - also bin ich´...Das gesamte Weltbild des christlichen Abendlandes fußt auf diesen berühmten Satz. Der Philosphoph René Descartes formulierte ihn vor knapp sechshundert Jahren im Rahmen seiner `Meditationes des prima philosphia´. Er postulierte damit die Vernunft als `unerschütterliches Fundament´ - und die Menschheit schenkte ihm seinen Glauben.

 

Albert Einstein, einer der klügsten Köpfe des 19. Jahrhunderts gab bereits zu, dass `die Intuition ein heiliges Geschenk sei, und der rationale Geist ein treuer Diener´. Doch musste er auch feststellen, `dass wir eine Gesellschaft geschaffen haben, die den Diener ehrt und das Geschenk vergessen hat

Bereits Ende des 18. Jahrhunderts erhob Emmanuel Kant in seiner berühmten`Kritik der reinen Vernunft´ Einspruch gegen Descartes. Für ihn waren inhaltlose Gedanken zwar leer, und doch war Kant der Meinung, dass der Mensch mittels seines Verstandes die Empfindungen hervorrufe und sich `so seine Welt erschaffe´.

Pünktlich zur Jahrtausendwende wurde der Satz umgeformt in `ich fühle, also bin ich´. Der portugiesische Neurowissenschaftler António Rosa Damásio wagte den Quantensprung in seinem gleichnamigen Werk: Er machte anhand von praktischen Fallbeispielen deutlich, welch bedeutende Rolle unseren Gefühlen zuteil wird: Einer seiner Patienten, der hochintelligente Jurist Elliot, verliert nach einer Hirnschädigung durch einen Tumor den Kontakt zu seinen Gefühlen - und damit auch zu seiner Frau. Ausserdem verliert er seinen Beruf und schliesslich die Verbindung zu seinem wahren Wesen.

 

Unsere Gemütsbewegungen schützen uns nicht nur auf der körperlichen Ebene, indem sie uns vor Gefahren und vor gesundheitsschädlichen Risiken bewahren (zum Beispiel schützt der Ekel davor, Schimmel zu essen) - sie funktionieren ebenso wie  innere Navigationssysteme, die uns stets den richtigen Weg weisen. Hierbei handelt es sich um das uralte limbische System, dessen Genese im Zuge der Evolution der Säugetiere entstanden ist und dank dessen wir innerhalb von Sekunden entscheiden können, ob wir in einer Begegnung unser Gegenüber `riechen können´ oder nicht - und dass wir uns der Treffsicherheit dieses `Navigationssystems´ gewiss sein dürfen.

Die Hirnforschung beschäftigt sich bereits seit vielen Jahren auf wissenschaftlicher Ebene mit der emotionalen Intelligenz, was ein deutliches Zeichen dafür ist, dass ein klarer Ruck in Richtung rechte Gehirnhälfte, (diese steht für ganzheitliches Erfassen) durch die Gemüter unserer Gesellschaft gefahren ist.

 

Dennoch wollen wir funktionieren und nicht aus der Reihe tanzen... Lustige Emoticons sind für die tägliche Kommunikation nutzbar - sie sind allseits bereit und immer ansprechbar, in jeder Gemütslage. Selfies helfen uns, die Maske der Heiterkeit zu wahren. Der sentimentale Folk-Sänger Ed Sheeran schreibt samtig weiche Songs für den Popstar Justin Bieber, Frau Merkel wirkt auf jedem neuen Wahlplakat etwas warmherziger und wirbt  "für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben."

Es scheint, als sei die Menschheit - trotz oder vielleicht auch dank Donald Trump - insgesamt ein bisschen weicher geworden - das ist in vielerlei Hinsicht fühlbar.... Und dennoch ist der Grad zwischen den wahrhaftigen Gefühlen und den scheinheiligen Sentimentalitäten sehr schmal und oftmals trauen wir uns nicht, in den Abgrund unserers eigenen Seins zu blicken und diese Kluft zu überwinden.

Dann ziehen wir es vor, uns mit auferlegten Erscheinungen zu umhüllen, während wir die wahren und echten Gefühle immer weiter von uns weg schieben...

 

Spieglein, Spieglein...!!

 

De facto haben wir es immer noch nicht geschafft, unsere Stimmungen "auszufühlen" und unsere Gefühle angemessen zu artikulieren.

Die Ursachen der Unfähigkeit, mit Gefühlen adäquat umzugehen, lässt sich in vielzähligen äusseren Faktoren suchen und finden: Zum Beispiel in den Medien oder in unserer unheilvollen, kollektiven Geschichte als Nation. Doch wie klar wir zu unseren Gefühlen stehen, wird am deutlichsten in der Verbindung zu unseren Mitmenschen.

Wie die glitzernde Oberfläche des Sees ein Spiegel für den Narziss war, in den er schließlich hineinfiel und ertrank, gleichermaßen sind unsere Beziehungen und die damit verbundenen Konflikte ein Spiegel unseres innersten Seelenlebens, die uns schlimmstenfalls ins Bodenlose nach unten ziehen.

 

Über die Gefühle zur Kunst der Lebensfreude

 

Wir irdischen Wesen können eigenmächtig Gefühle hervorrufen und wir sind auch imstande diese vollkommen zu fühlen. Uns wurde jedoch im Laufe unserer Entwicklung antrainiert, diese zu verbergen. So lernten wir, unsere Gefühle und Emotionen in die Abgründe unseres Bewusstseins zu verdrängen oder sie auf unsere Mitmenschen zu übertragen - insbesondere in jenen Situationen, in denen wir unsere eigenen Verstimmung nicht mehr aushalten.

Im Laufe meines Lebens bin ich zu der Erkenntnis gelangt, dass es eine der größten Lernaufgaben ist, der gesamten Bandbreite an  Gefühlen, mit denen wir als empathische Wesen ausgestattet sind, größtmöglichen Raum zu geben, damit wir lernen, verantwortlich mit ihnen umzugehen.

Dies gelingt, indem wir uns unseren inneren Regungen gewahr werden, und wenn wir sie somit ins Bewusstsein bringen. Unsere Gefühle werden dann zu Kraftspendern, die wir zur Entfaltung unserer wahren Berufung nutzen können.

In einer wahrhaftigen Begegnung erkennen wir gleichermaßen unsere Projektionen, welche wir dann in einem weiteren  Schritt zurück nehmen. Mithilfe von Vergebung lösen wir negative Übertragungen auf und verwandeln diese in bedingungslose Liebe. Gleichzeitig befreien wir unser Gegenüber von einer ungesunden Verstrickung, so dass die Beziehung entweder aufgelöst werden oder auf einer höherschwingenden Ebene fortgeführt werden kann.

 

... GAUDES ERGO SUM. - Du freust dich - also bin ich!

 

Es erfordert Mut und Aufrichtigkeit, offenen Herzens und vertrauensvoll unseren Gefühlen zu begegnen, doch auf diese Weise erleben wir mehr Lebendigkeit und Wahrhaftigkeit in unseren Beziehungen. Wir fühlen uns mehr und mehr mit uns Selbst und mit unserem wahren Sein verbunden, und stellen schließlich fest, dass wir nichts anderes als diese Quelle des Seins sind...Schliesslich sind wir auch wieder fähig, die Lebensfreude in uns zu fühlen und diese aufsteigen zu lassen - und geben diese Freude an unsere Umwelt weiter, die  diese dann in einer potenzierten Form wieder  auf uns zurückstrahlt -

Denn die Freude ist bekanntlich die einzige, die sich verdoppelt, wenn wir sie teilen. :))

 

 

 

 

 

 

das bin ich

YVONNE GAUDES

 

Leiterin für therapeutischen Tanz (DGT),

Massagepraktikerin,

Lebenskünstlerin und Langzeitstudierende,

Entspannungstherapeutin,

HP Psychotherapie

 

yvonne.gaudes@gmx.de